Erprobte Wege aus Erschöpfung. Mit dem Inneren Kind.
Mit Spielen kannst Du Dir Deine seelische Kraft und Lebensfreude zurückholen, Teil 1
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Fühlst Du Dich die meiste Zeit gestresst und wirst leicht müde? Dann will ich Dir in einer kleinen Mini-Serie ein paar Tipps für mehr seelische Kraft geben.
Für Erschöpfung, Müdigkeit und Stressgefühle gibt es verschiedene Ursachen. (Im Zweifel sollte man sich auch ärztlich durchchecken lassen, damit keine körperliche Ursache übersehen wird).
Häufige Ursache für chronischen Stress: Die innere Einstellung
Eine sehr häufige Ursache für Stressgefühle und Erschöpfung ist unsere innere Einstellung: zuerst Arbeit Arbeit Arbeit, und dann, wenn wir noch Energie haben, gönnen wir uns etwas Freizeit - wobei Freizeit oft “im Smartphone versinken” oder “auf Netflix binge watchen” bedeutet.
So schön, wie es auch mal ist, ein Wochenende mit der Lieblingsserie zu verbringen. Es ist keine dauerhafte Lösung für Stress und Erschöpfung. Mittlerweile verbringt der durchschnittliche Erwachsene 2,5h/Tag mit seinem Handy. In dieser Menge ist das Smartphone kaum erholsam, es ist eher ein seelisch sich wegmachen, weil einem die reale Welt zu stressig ist.
Wann waren die meisten nicht erschöpft und gestresst?
Als Kinder - vor allem vor der Grundschule - haben wir den ganzen Tag gespielt, meist mit Freund:innen. Meine Mutter jammerte bis zu ihrem Lebensende darüber, dass ich als Kind den ganzen Tag auf den Beinen sein konnte, dann 20 min abends rumliegen und ich sei wieder fit gewesen. Sie allerdings nicht…
Ich kann heute bei meiner Tochter beobachten, dass sie es kaum erwarten kann, auf den Spielplatz zu gehen. Zumindest dann, wenn wir uns einem großen schönen Spielplatz nähern. Plötzlich sind Schulstress, schlechte Laune und Müdigkeit wie weggeblasen.
Betrachtet man Kinder, dann ist ein Schlüssel zu mehr seelische Energie ganz eindeutig: Spielen!
Spielen ist das, was alle Kinder nutzen, um soziales Bewusstsein, Empathie und Mitgefühl für andere aufzubauen, und ohne genug Spiel - vor allem in der Pubertät und im frühen Erwachsenenalter - wird das Salience-Netzwerk (Motivationsnetzwerk) im Gehirn nicht ausreichend entwickelt.
Das Salience-Netzwerk, bitte was?
Ich hatte davon auch noch nicht gehört, als ich vor kurzem darüber las. Hirnforscher:innen gehen heute nicht mehr davon aus, dass man Tätigkeiten klaren Hirnregionen zuordnen kann. Rechte Hirnhälfte für das, linke für das, usw. In unserem Gehirn entwickeln wir Synapsen-Netzwerke passend für unsere Aktivitäten. Ein Netzwerk davon wurde als “Salience-Netzwerk” (Motivationsnetzwerk) betitelt. Es soll eine der wichtigsten Rollen in unserem Gehirn spielen, indem es die Aktivität in anderen Schlüssel-Netzwerken ausbalanciert und unsere emotionale und psychische Gesundheit reguliert.
Gedankenmuster aus der Schulzeit erkennen
Es ist eigentlich einfach, Freude, Neugier und Motivation, mit der wir geboren wurden, und das dazu in unserem Gehirn angelegte Netzwerk zu aktivieren. Spielen wäre die Devise.
Doch die Art und Weise, wie unser Bildungssystem und danach unsere sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen funktionieren, kann man aus neurophysiologischer Sicht als verkrüppelnd einstufen. Dieses Verkrüppeln beginnt mit dem Tag, an dem wir in die Grundschule gehen.
Sich aus von den verinnerlichten Zwängen der Schulzeit befreien
Das Schulsystem verlangt, dass sich Kinder auf das konzentrieren, was im Lehrplan angelegt ist, nicht auf das, wohin die natürliche Neugier Kinder tragen würde. Lehrer müssen Tagträumen und kreatives gedankliches Wandern unterbinden, damit sie den vorgegebenen Lehrstoff im Unterricht unterbringen können.
Neugier, Tagträume und kreative Gedankenläufe sind aber der Weg des Gehirns, um uns zu attraktiven Zielen zu führen. Simples Beispiel: Würde ein Kind Segeln lernen wollen und bräuchte dafür Knotenkunde und gewisse mathematische Kenntnisse für die Navigation, würde es das alles im Flug und mit Feuereifer lernen. Solange würden jedoch Themen wie Pronomen oder Ableitungen hinten überfallen. Vielleicht käme das später in den Fokus, vielleicht auch nie.
Lernen und Arbeiten anhand unserer inneren Impulse kommt weder in der Arbeitswelt noch im Schulsystem vor. Hier soll man methodisch nach vorgegebenen Schritten lernen und arbeiten. Schön kontrolliert und angepasst. Lebensfreude? Neugier? Ja bitte, aber nur im Rahmen des Lehrplanes. Das funktioniert für viele nicht.
Deswegen bleibt bei vielen von uns im Erwachsenenalter genau der Teil im Gehirn unterentwickelt, der Zugang zu Energie und Lebensfreude gestaltet. Damit kann das Salience-Network (Motviations-Netzwerk) nicht ausreichend aktiviert werden und uns ausreichend emotional ausgleichen. Sich gestresst und erschöpft fühlen ist dann leider die Folge. Soweit aus neurophysiologischer Sicht betrachtet.
Auf spiritueller Ebene führt das dazu, dass Du Deine seelische Energie weniger intensiv wahrnimmst, weil Dein Gehirn zu wenig trainiert wurde, genau die inneren Impulse wahrzunehmen und als bemerkenswert einzustufen, denen man mit Neugier und Freude folgen würde.
Das Schöne: Das Gehirn lässt sich jederzeit nachtrainieren
Wenn wir wieder neugierig auf die Dinge werden, die unsere Aufmerksamkeit erwecken, schüttet unser Salience-Netzwerk Dopamin aus. Wir fühlen uns sofort wohler und belebter.
Das ausgeschüttete Dopamin aktiviert das Imagination-Netzwerk (auch default-network) im Gehirn, das dafür zuständig ist, um verschiedene Möglichkeiten in träumerischer Weise zu erfassen, sodass wir unser Leben mit Vergnügen und Zufriedenheit anfüllen.
→ Denn an sich darf das Ausprobieren von Materie, Dein Leben gestalten, Spaß machen!
Alles, was neu oder anders und potenziell lohnend ist, kann unsere Neugier, Fantasie und Motivation anregen. Damit können wir uns auf das konzentrieren, was uns wirklich wichtig ist.
Mit Erziehung und deutschem Schulsystem geht unser Inneres Kind ins innere Exil
Verspieltheit ist die “geheime Zutat”, um all das in unserem Gehirn in Bewegung zu setzen. Doch solange wir uns gehetzt, gestresst und erschöpft fühlen, ist unser Gefahrenabwehrsystem angeschaltet. Statt Dopamin und Serotonin werden Stresshormone ausgeschüttet. Damit lässt sich schlecht spielen, alles wirkt gefährlicher oder anstrengender als es sein müsste.
Mit jedem weiteren Schuljahr wird uns mehr beigebracht, uns darauf zu konzentrieren, was „sie“ von uns wollen, was viel mehr damit zu tun hat, ernst statt spielerisch zu sein. Und sobald wir den Drang verspielt zu sein, “endlich” abschalten, also ordnungsgemäß Erwachsen werden, geht unser Salience-Network (Motivationsnetzwerk) im Gehirn vom Netz.
Die Neugier verschwindet, Dopamin wird unterdrückt, und die Fähigkeit verringert sich, die eigene Kreativität zu nutzen, um genau die Probleme zu lösen, die sich auf dem Weg zu den von uns angestrebten, Spaß machenden Zielen ergeben.
Dadurch fangen wir an, uns ängstlicher und deprimierter zu fühlen. Der Wunsch, auf spielerische Weise Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen, verringert sich. Das Salience-Network wird dysfunktional. Dadurch wird es schwieriger, Empathie, Mitgefühl und Selbstliebe zu empfinden.
Hilfreiche Tools, um Deinen Spieltrieb zu aktivieren?
Der erste Schritt besteht darin, unsere gewohnheitsmäßigen Überzeugungen darüber umzuschreiben, wie wir lernen und mit anderen interagieren sollten.
Der zweite Schritt besteht darin, Verspieltheit in jede soziale Situation zu bringen, vor allem bei der Arbeit und mit Familienmitgliedern.
Den ersten Schritt gehst Du mit Deiner Achtsamkeit, den zweiten mit Umsetzen, was Dir Spaß macht.
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Wie das funktioniert?
- Liste aller spielerischen Aktivitäten erstellen, die Du als Kind gerne gemacht hast.
- Liste mit Dingen vervollständigen, die Dir heute Spaß machen.
- Liste fortsetzen mit Ideen zu Aktivitäten, die Dir heute vielleicht Spaß machen würden und die Du schon immer mal ausprobieren würdest.
- Liste erweitern, indem Du Kinder beobachtest, was ihnen Spaß macht und setz das auf Deine Liste, was Dich anspricht.
eine kleine Challenge daraus machen
Schon eine Urlaubswoche kann gute Ergebnisse bringen. Noch besser: Dein Gehirn braucht 21 Tage - gib ihm besser 28 Tage -, um neue Netzwerke aufzubauen. Wenn Du also die Möglichkeit hast, eine klassische 30 Tage-Challenge daraus zu machen, dann wäre das die Königsdispziplin.
Schau Dir Deine Liste an. Was könnte man davon in 60 Sekunden umsetzen? Bspw. ein Lieblingslied summen, ein bisschen Hopsschritt auf dem Nachhauseweg, an der Lieblingssüßigkeit mit besonders viel Genuss lutschen, Grimassen vor dem Spiegel ziehen, lustige Clowns im Meeting zeichnen usw.
Nutz den Wecker auf Deinem Handy als Achtsamkeitsuhr. Lass ihn alle 30 Minuten klingeln. Wenn Du den Wecker hörst, nutze 60 Sekunden lang eine der Aktivitäten auf Deiner Liste, auf die Du Lust hast und das auf die Spielerischste und kreativste Art und Weise, die man sich vorstellen kann.
Damit bekommt Dein Gehirn immer wieder den Impuls, neue Synapsen zu bilden, Verbindungen, die auf Spiel und Neugier ausgelegt sind. Dein “Salience”-Network, das in Deinem Gehirn vorgesehen ist, wird aktiviert, statt Frust bekommt Lebenslust eine Autobahn an Synapsen in Deinem Gehirn.
Es kann hilfreich sein, damit am Wochenende oder im Urlaub zu beginnen, damit Du dich daran gewöhnst. Denn wenn man im Alltag sehr gestresst ist, ist - wie oben beschrieben - Dein Gefahrenabwehrsystem angeschaltet. Dann sind alle Tätigkeiten, die mit Kampf, Flucht oder Totstellen zu tun haben, ganz leicht und Kreativität ist so gut wie ausgeschaltet.
Daher ist ein Beginn zu einem entspannten Moment hilfreich. Beginnen kannst Du aber im Grunde an jedem beliebigen Tag. Dein Liste muss auch nicht fertig geschrieben sein. Du kannst sie einfach ständig erweitern. Lass Dich nicht mit den üblichen kleinen Ausreden abhalten, für Dich etwas zu tun.
Noch ein Tipp: Wenn Du die Übung auch im Arbeitskontext fortsetzen willst (soweit Du Dein Arbeitszeit einteilen kannst, ist das gut möglich.) Dann kann es günstiger sein, während der Arbeitszeit alle 50 min sich erinnern zu lassen. Das ist ungefähr das Zeitfenster, in dem man sich intensiv konzentrieren kann und dann braucht unser Gehirn ohnehin eine Pause. Vielleicht ist ein Silly-Walk durchs Home-Office gefällig?
Für die ganz Mutigen:
Spiel-Challenge erstellen, damit Dein inneres Kind dauerhaft aus dem Exil zurückkommt. Am leichtesten ist es, diese Challenge mit der Familie oder Freund:innen zusammen anzugehen.
Überlege, wie Du in Deinem Alltag mehr spielerische Aktivitäten einbauen kannst. Spiele bewusst täglich an 7 Tagen mind. 15 Minuten (besser mehr) und überlege, wie Du davon regelmäßig etwas in Deinen Alltag einbauen kannst. Es ist hilfreich, Dein Handy nicht für diese Challenge zu nutzen (keine Handyspiele!).
Bei dieser Challenge geht es weniger um ein konkretes Ziel, wie Speck weg in 10 Tagen oder eine Lego-Stadt in 3 Tagen bauen, als um das Tun. Kartenspielen mit Kindern, alte Dick und Doof Folgen schauen, in ein Trampolin-Zentrum fahren, sich zum LineDance-Kurs anmelden, was auch immer Du lustig findest.
Ganz wichtig ist, dabei nicht in einen Wettbewerb-Modus zu fallen. Dadurch würde die Stimmung von spielerisch in kämpferisch und hart umschlagen.
Dabei kann Dir niemand sagen, was der Inhalt des Spiels/der Challenge ist, das legst Du für jeden Tag selbst fest. Stellst Du fest, dass eine vorgestellte Aktivität keinen Spaß macht, streichst Du sie von Deiner Liste und gratulierst Dir, etwas Neues ausprobiert zu haben.
Kommt Dein innerer Kritiker vor, so hab ihn einfach auch lieb. Er will Dich nur vor etwas schützen und ist nicht gegen Dich.
Am Ende eine kleine Auswertung: Was hat Dir Spaß gemacht? Worauf hast Du keine Lust mehr? Was lässt sich im Alltag integrieren.
Noch intensiver geht es mit Begleitung
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Ganz wichtig: Hab Spaß mit den Übungen, lass Freude in Dein Leben einfließen.
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