Erprobte Wege aus Erschöpfung. Mit dem Inneren Kind.
Deine Garantie für einen Burnout. Wenn Du allen gefallen willst! Teil 1
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Die Selbstverständlichkeit, es für andere noch schnell zu erledigen
Im Projekt läuft eine Frist ab. Das sollte noch schnell erledigt werden. Eigentlich nicht in Deiner Verantwortung. Das wird am Morgen für ungemütliche Stimmung sorgen, sobald auffiele, dass die Frist im Team verbosselt wurde. Irgendwie sind alle schon aus dem Büro verschwunden. Also kümmerst Du Dich noch schnell drum (was heißt, 2h länger sitzen.)
Boah, endlich geschafft! Zu Hause anzukommen! Nur leider hat Dein Partner / Deine Partnerin heute einen schlechten Tag im Büro gehabt. Am besten, Du kochst dann doch etwas Gutes, damit er oder sie sich wieder auflädt. Sonst hängt der Haussegen für den Rest des Abends schief und mit auf dem Sofa entspannen würde nichts.
Wer sorgt dafür, dass die eher langweiligen Pflichtaufgaben auch miterledigt werden und lässt sich dafür auch noch annölen, obwohl man weder Teamleiter ist noch für die Aufgabenverteilung tatsächlich etwas kann? Oder die Büroleiterin hat sich mit ihrem Freund das 5. Mal in dieser Woche gestritten, sitzt jetzt auf ihrem Bürostuhl wie ein Häuflein Elend. Von Arbeitsfähigkeit keine Spur. Und wer hört sich das Leid an, weil gerade alle bei drei verschwunden sind? Gesehen habe ich auch schon den Rechtsanwalt, der es nicht übers Herz bringt, seinem Klienten nicht nur sagen, dass der Rechtsstreit nichts bringen wird (und der Anwalt nichts daran verdient), sondern auch klar zu machen, dass er ganz sicher nicht die Klageschrift aufsetzen wird.
So oder ganz anders aber doch vergleichbar? Man geht nur “schnell” für die Mutter abends einkaufen, weil sie gerade gesundheitlich, Du weißt schon, ihr Fuß, achja, das Alter und es wäre doch sooo wichtig… An sich ist Dein Tag lang genug. Das könnte man mit einem Großeinkauf am Wochenende erledigen. Ja, aber Du würdest ihr doch so eine Freude machen, wenn…
Man lässt sich im Meeting zu etwas aus dem anderen Arbeitsgebiet überreden, weil man doch effizient sei (blinzel, blinzel) und der andere schon so überlastet (komisch, die eigene Arbeitsbelastung wurde gar nicht mit berücksichtigt). Es ist gerade so dicke Luft zu Hause, da sorge ich noch schnell, dass es besser wird. Sonst nervt es/er/sie so und es macht weniger Aufwand darauf einzugehen, als einfach mal NEIN zu sagen…
Ergebnis: Du bist richtig gut!
Wenn Du ein echter People Pleaser bist, dann bist Du wahrscheinlich zum effizienten Allrounder geworden. Darauf kannst Du stolz sein. So viel zu reißen, das schaffen nicht alle. Bitte kritisiere Dich nicht dafür: Du kannst die Bedürnisse anderer erkennen und Dich in andere hineinversetzen. Du kannst viele Projekte gleichzeitig stemmen und unterschiedlichste Ansprüche unter einen Hut bringen. Großartig!!!
Klar hat dies Superpower eine Kehrseite der Medaille. Richtig hart ausgedrückt: für jeden anderen bist Du die eierlegende Wollmilchsau… Und falls Du nicht den Akku einer eierlegenden Wollmilchsau hast (so weit mir bekannt gibt’s diese eierlegenden Alleskönnerviecher genauso wenig wie das Perpetuum Mobile), dann bist Du nicht nur richtig gut, sondern auch irgendwann ausgebrannt.
Aber in jedem Fall und bevor Du versuchst, dagegen anzugehen. Bitte klopfe Dir als aller erstes selbst auf die Schulter. Du bist richtig gut und hast eine echte Superpower, die andere nicht haben. (Die downside dieser Superpower lässt sich beheben, ohne die Superpower zu verlieren - s. Teil 2)
Kurze Fragen zwischendurch
- Weißt Du noch, wie das geht: etwas für dich ganz persönlich zu tun?
- Weißt Du überhaupt, was Du genau für Dich tun willst?
- Kommt Deine Erholung permanent zu kurz?
- Weißt Du, wie das geht zu sagen, “Nö, heute mal nicht. Morgen gerne wieder.”? (ohne zwar schlechtes Gewissen!)
Es gibt viele Wege in den Burnout - das ist einer davon…
Die Last des Pleasers
Kennst Du den Begriff: “Pleaser” in diesem Zusammenhang?
Damit bezeichnet man Menschen, die schon von klein auf darauf gepolt sind, es anderen recht zu machen oder anderen zu gefallen. Meist, weil sie das in ihrer Familie mussten, um als Kind in der Familie ihren Platz zu finden. Zum unschlagbaren People Pleaser wirst Du, wenn Dir während der frühen Kindheit Familienmitglieder gezielt mit Beziehungsabbruch gedroht haben. Es kann sein, dass es schlicht TäterInnen waren, aber nicht jeder hat die Methode bewusst angewandt. Wenn Deine Mutter schon völlig erschöpft aus dem Büro kam und sich kommentarlos in ihr Zimmer verzog, wenn nicht gestaubsaugt war. - Dann war sie selbst überfordert. Sie hat vermutlich nicht geahnt, was sie damit anrichtet… Denn für Kinder fühlt sich Beziehungsabbruch nicht nur unangenehm, sondern lebensbedrohlich an. Denn Kinder sind auf eine Beziehung zu ihren Bezugspersonen gepolt. Davon hängt das Überleben in der Kindheit ab. (Wobei man auch zum Pleaser werden kann, wenn man mit Gefälligkeiten Mobbing in der Schule ausweichen konnte oder die ewig streitenden Eltern befrieden wollte…).
Je nach konkreter Spielart in der Kindheit entstehen daraus “Druckknöpfe”. Mit Druckknöpfen meine ich psychische Muster. Andere können die Muster benutzen, um einen Pleaser springen zu lassen. Die psychische Struktur “Gefallen-zu-wollen” (bzw. das Anderen-Gefallen viel besser zu können als Unstimmigkeiten auszuhalten) können andere gerade zu schlafwandlerisch benutzen.
Es gibt unterschiedlichste Druckknöpfe, die andere dann meist unterbewusst drücken können, um einen Pleaser dazu zu bekommen, genau das zu tun was sie haben wollen. Sie hängen von den eigenen Werten ab. Ist Dein größter Wert z.B. Freiheit: Dann kann es sein, dass Dir ein Kunde mit mehr Kontrolle beim Auftrag droht, wenn Du nicht doch noch mal ein bisschen über die Zeit hinaus seine Probleme löst. Oder Dein höchster Wert ist Teamgeist und schwups legt Dir der Chef ein Einzelbüro nahe (natürlich, um Dir etwas Gutes zu tun), wo Du das Gefühl hättest, abgehängt zu werden. Die stärkste Waffe bleibt meist: die Bindung - man droht mit Bindungsverlust. In Form von Innerlich-zurückziehen, unterschwelligem Androhen-einer-Versetzung oder ganz theatralisch: Dann verlasse ich Dich, wenn du nicht x,y,z als Beweis Deiner Liebe für mich tust).
Zunächst an der Situation hat niemand Schuld. Weder die Person, die die Knöpfe bei Dir drückt. Noch Du, wenn Du alles Eigene stehen lässt, um dem anderen zu gefallen. Es ist einfach eine Beziehungsdynamik. Bitte berücksichtige dies. Es gibt keinen Schuldigen in dem Spiel. Beim Mensch-Ärger-Dich gilt auch nicht, dem anderen vorzuwerfen, er würfle zuviele 6er. Anderen Vorwürfe machen, rage-quitting oder mit Bindungsabbruch drohen (also den Spieß umdrehen vor Wut über so ausnutzerisches Verhalten) hilft überhaupt nichts. Andere können das Pleaser-Sein für Dich nicht abstellen. Sie können nicht “nicht Deine Knöpfe drücken”.
Für beide Seiten ist das Spiel wenig befriedigend:
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Derjenige, der Deine Knöpfe drückt, bekommt “nur” Dein perfekt einstudiertes, wie am Schnürchen ablaufendes Programm vorgesetzt. Nur bei Beziehungen ohne Intimität, wie im Büro oder zu Kunden, ist das den Nutznießern Deiner Druckknöpfe komplett egal. “Cool, ich habe mehr Service bekommen!” werden sich die anderen denken. Wer sagt da schon Nein zu? In einer intimen Partnerschaft kann es sein, dass der Partner oder die Partnerin mehr drückt, weil er oder sie statt echte Nähe das Programm “pleasen” vorgesetzt bekommt. Ergebnis: Deine Lieblingsperson drückt noch mehr. Das ist ein Fass ohne Boden. Ist Deine Lieblingsperson selbst sehr im Mangel, kann das Spiel mörderisch werden. (Das Dumme: Du kannst noch so viel versuchen, den Mangel auszugleichen. Der andere kann es noch so viel von Dir erwarten. Ein Gefühl von innerem Mangel oder Leere kann man nur selbst füllen, nie jemand anderes.) Oder es gibt irritierte Nachfragen, wer Du eigentlich wirklich bist und was Du ganz persönlich gerne magst. Bis hinzu: Jetzt lass das doch mal und umgehe nicht jeden Streit damit, dass Du es mir irgendwie recht machen willst.
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Am Ende läufst Du leer damit, es all den vielen Bestellern Deiner Leistungen recht zu machen. Oder Du findest Dich selbst nicht mehr zwischen allen Ansprüchen.
–> Als Pleaser hast Du wahrscheinlich die ungemütlichere Situation, die schneller nach Änderung verlangt. Daher ist in dieser Beziehungsdynamik in der Regel der Pleaser, der etwas ändern will oder schlicht muss, weil er oder sie sonst untergeht.
Und wenn Du wissen willst, wie Du Boden unter die Füße bekommst, dann lies Teil 2.
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Bitte nicht solange warten wie die Dame auf dem Bild. Es gibt zwar psychosomatische Kliniken, die so einen Zustand auffangen können. Aber das muss ja nun nicht sein.