Perfekt - Aber ausgebrannt? Was wirklich hilft!

perfekte Symmetrie

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Du bist perfektionistisch und kannst nicht hin und wieder alle Fünfe gerade lassen? Was das mit Burnout zu tun haben kann und warum wir nicht einfach beschließen können, nicht mehr so perfektionistisch unterwegs zu sein, findest Du in diesem Post.

Was wirklich hilft

Sich innerlich entspannen und selbst - abhängig von der Situation - entscheiden zu können, wann ich mehr Exaktheit an den Tag lege und wann ich es auch einfach mal gut sein lassen kann. Das wäre doch praktisch, oder? Hier stelle ich ein inneres Werkzeug vor, dass sich in der Praxis als wirksam erwiesen hat.

Dein innere Perfektionismus ist nicht gegen Dich arbeitet sondern für Dich!. siehe hier warum. Vielleicht kannst Du Deinem Perfektionismus einen Namen oder ein inneres Bild geben. Etwas sehr liebevolles und ihm danken, dass er Dich so gut bisher gerettet hat. Vielleicht hat er sogar ein bestimmtes Alter, in dem der innere Anteil entstanden und besonders perfekt sein musste, um sich dazu gehörend zu fühlen. Dem kleinen Anteil sagen: Danke, dass Du da bist! Frage ihn danach, ob er Dir mehr zeigen kann, wie viel er für Dich leistet.

Vorsicht! Bitte ihn um langsames Zeigen. Es kann sein, dass hier ordentlich Erschöpfung/Wut bis hin zu Hass oder was auch immer aus der Vergangenheit liegt. Wenn es zu viel wird, nimm dich ernst und lass Dich von jemandem Professionellen begleiten.

Frage Dein inneres System, dass es Dir Stück für Stück die alten Lasten zeigt, nicht alles auf einmal. Und dann sage dem inneren Anteil: “Ich kann genau fühlen, was Du - kleiner Anteil von damals - damals fühlst. Ich weiß, Du wolltest unbedingt von Deinen Eltern/Lehrern/Großeltern/Mitschülern anerkannt, geliebt, respektiert werden. Heute warten wir nicht mehr auf die Leute da draußen. Ich liebe ich Dich, so wie Du bist. Ja, genau, so wie Du bist.”

Wo auch immer Du gerade bist, Sofa, Bett, Parkbank, U-Bahn. Egal. Einfach mit diesem Anteil sitzen. Du musst überhaupt nichts tun. Nur mit ihm sitzen und empathisch für ihn da sein. Das ist anstrengend genug. Vielleicht eine Kerze anzünden, vielleicht sanfte Musik dazu oder einfach auf einer Parkbank sitzen und Bäume gucken dabei. Denn die alten Gefühle (nicht wertgeschätzt, nicht geliebt, nicht akzeptiert worden zu sein, so wie man war) auszuhalten, ist schon eine Kunst für sich.

Nach einer Weile, wenn die Gefühlswelle sanfter wird, kann man den Perfektionismusanteil in sich fragen, ob er schon weiß, wie alt Du seither geworden ist. Als Erwachsener hast Du ganz andere Möglichkeiten als damals als Kind.

Das ist total irre. Also nicht Du - sondern das Phänomen, dem man da begegnen kann. Normalerweise betrachtet man sich als eine einheitliche Persönlichkeit. Bis man in sich selbst tiefer absteigt und feststellt - nö, es gibt ganz viele Anteile in sich mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten. Normalerweise kann man die Anteile bewusst ansteuern (den netten Schwiegersohn für die Schwiegereltern, den klaren Vorgesetzten für das Team, die liebevolle Mutter für den Nachwuchs, die stringente Ärztin für die Patienten).

Introjekte-Anteile, die man nicht an sich mag, die sind in der Vergangenheit gefangen. Er will Dein Überleben sichern. Wer im Überlebensmodus arbeitet, bekommt nicht mit, dass viele andere Anteile zusammen mit dem Körper erwachsen/älter geworden sind.

Als ich diesem Phänomen das erste Mal bei mir selbst begegnet bin, habe ich mit offenem Mund vor meiner eigenen Therapeutin gesessen. Jeder Klient, mit dem ich diese Übung wegen alter gefühlt zerstörerischer (in Wahrheit absolut loyaler) Introjekte gemacht habe, hatte diese Erfahrung auch. Huch! Was ist das denn das…

Der Ausweg ist so einfach

Ein nicht unerheblicher Anteil des Tages geht in Wegkompensieren unangenehmer Zustände. Kaffee, zu viel Essen, Smartphone, Alkohol… Was wäre, wenn Du das für - sagen wir 15 min einfach lässt - und mit einem inneren Anteil, der so für Dich kämpft, nur da sitzt. Wenn dieser jüngere Anteil echte Dankbarkeit und Empathie erhält, wenn ich anfange, bewusst ihm meine heutige Zeit zu zeigen, ihn durch meine heutigen Augen schauen lasse, dann kann er sich langsam integrieren.

Wichtig ist, ihm zu zeigen, dass man sich neue Strategien für die Gegenwart als Erwachsener erarbeitet hat, die nicht nur perfekt sein Wollen, bis der letzte Kollege gegangen ist, umfasst. Also z.B., dass es völlig ok und sogar wichtig ist, bei 80% des Ergebnisses erst einmal die Arbeit einzustellen, weil es für die meisten Dinge im Leben reicht. Hier kann es erleuchtend sein, wenn dieser Anteil einem antwortet: “Nö, Deine Strategien (bis zur Erschöpfung perfekt arbeiten, viel Fernsehen, im Chaos wohnen, herumschreien oder nie was sagen, oder was auch immer Du heute machst, um “Probleme” zu bewältigen) ist nicht besser als meine Art. Ich kann meine Art der Problemlösung nicht loslassen.” Das heißt bloß, eine neue Strategie mit einer Herausforderung lernen. Es ist völlig ok, bestimmte Umgangsformen für Herausforderungen noch nachzulernen. Im Angebot an Therapien, Coachings, vhs-Kursen, Büchern wird sich etwas Passendes finden.

Und auch super wuchtig: Dem kleinen Menschen von damals zeigen, dass die vergangene Situation/Situationen schon lange - wirklich schon sehr lange - aufgehört hat. Heute sitzt niemand mit Rotstift hinter einem und malt alles an, was nicht perfekt ist. Heute ist es völlig ok, die Beine in den See baumeln zu lassen, auch wenn das Geschirr zu Hause sich stapelt. Es wichtig, Dinge zu erledigen. Aber perfekt müssen sie selten sein. Du bist bereits perfekt und liebenswert. Du musst es nicht erst werden. (Klar gibt es Situationen für Perfektionismus: man arbeitet in der Fertigung für KFZ-Bremsen oder beruflich mit Augenlasern. Bitte so perfekt wie überhaupt denkbar sein! Aber dann dürfen andere Aspekte im Leben so sein wie sie sind. Einfach unperfekt und liebenswert!)

Heute?

Wenn da immer noch ein Chef sitzt mit gefühltem Rotstift, wo es gar nicht angemessen ist, dann ist das sein Perfektionismus - sein Problem, nicht das des kleinen Menschen von damals, der Du einmal warst. Notfalls einen neuen Job suchen (aber besser erst, wenn man den kleinen Anteil in sich integriert hat, sonst begegnet einem gleich wieder so ein freundliches Exemplar von ChefIn, die das Introjekt anspricht - siehe auch “Perfekt aber ausgebrannt”). Beziehungsabbruch - sprich neuer Job - ist für einen Erwachsenen eine machbare Herausforderung. Da hängt das Überleben nicht mehr dran. Ein Ehepartner mault, wenn das Hemd nicht perfekt gebügelt ist? Guess what, der Gute kann das selbst so bügeln, dass es für ihn passt. Das ist kein Grund für das Scheitern einer Ehe. Und wenn doch? Na also bitte, wenn am Perfektionismus eine Ehe hängt? Wie liebevoll und glücklich ist das denn!?!

Zu guter letzt: Frage Dich, was, wenn ich in dieser Situation nicht perfekt bin? Was ist der absolute worst case? Beim Chirurg mit einem Augenlasern in der Hand? Klar, Perfektionismus wäre eine super gute Idee. Beim Verpacken eines Geschenkes? Beim Abheften von Formularen? Mhm, da ist weniger mehr. Sich selbst fragen: wenn es mal schiefgeht? Lässt sich das Problem ausbügeln? Diese Frage lässt sich am besten mit jemandem freundlich Gesinnten gemütlich abends ausdiskutieren. Dann kommt gleich die Meinung eines Unbeteiligten.

Zu guter letzt etwas für mich sehr erhellendes:

Kennst Du die Geschichte eines CEO’s einer großen IT-Firma in den USA? Ein Mitarbeiter hatte gerade einen Fehler in einem Code hinterlassen. Schaden für die Firma: 250.000 Dollar + PR-Schaden! In einem Interview wurde gefragt, ob der CEO denn diesen Mitarbeiter nicht sofort im höchsten Bogen auf die Straße gesetzt habe. Nein, natürlich nicht! Die Firma habe gerade 250.000 Dollar in seine Ausbildung gesteckt. Da werden sie ihn doch jetzt nicht entlassen!

Wenn Du etwas für Dich Spannendes zu diesem Thema hast, was Du gerne teilen möchtest, hinterlasse unten einen Kommentar.

Selbstkritik und Perfektionismus gehen gerne Hand in Hand. Sie begleiten Dich gerne als gemeinsame Weggefährten in einen Burnout. Dazu gibt es hier einen passenden Post mit einer ganz ähnlichen Übung.

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